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Die Max-Reger-Orgel Weiden

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Max Reger

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1898 Rückkehr nach Weiden, existenziell bedrohliche Lebenskrise, Komponieren nahezu am Erliegen. Dann kompositorischer Durchbruch mit Orgelmusik, der am Ende des 19. Jahrhunderts kaum besondere Bedeutung zugemessen wurde. Hugo Riemann hatte ihn mit Werken von Brahms und Bach vertraut gemacht, auch den evangelischen Choral lernte Reger durch ihn kennen. Nach Kammermusikwerken, Liedern und Chören

Zitat: Allerdings - ich stehe da ganz extrem links mit solcher Orgelmusik - doch freut es mich, Ihnen mitteilen zu können, daß ich schon eine nette Organistengemeinde habe, die mit wahrem Feuereifer meine Orgelsachen (op. 27, 29, 30, 40 I II, 33, 46) studieren und immer in vorzüglichster Weise öffentlich zum Vortrag bringen! Das Schwerste in jeder Beziehung ist Op. 46. In Berlin weiß ich bist jetzt noch keinen Organisten, der diese Sache macht - dafür in kleinen Städten genug! Ein blinder Organist fängt nun auch an die Sachen zu studieren - also müssen sie wohl ausführbar sein! Guter Wille - und die Fähigkeit, auf die Schreibweise Mendelssohns und seiner Epigonen verzichten zu können, ist da die Hauptsache! Allein unsere Staatsanstalten für Orgel stehen ja leider Liszt als Orgelcomponisten noch sehr unfreundlich gegenüber - und Liszt muß einer gespielt haben, ehe er an meine "Elefanten" gehen kann! Straube wird Ende März dieses Jahres im Kaimsaale zu München ein Orgelconcert mit nur Reger bringen, um den Herrschaften in München den Beweis zu liefern, daß die Sachen doch spielbar sind. Ich gehe sogar so weit zu behaupten, daß die Orgel für die Extremste Chromatik geradezu das berufenste Instrument ist! Man soll sich nur Bach und Liszt ansehen [...].¹

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hatte Reger 1892 sein erstes Orgelwerk komponiert, die drei Orgelstücke op. 7 (Präludium und Fuge C-Dur, Fantasie über "Te deum laudamus", Fuge d-moll) von Bach inspiriert. Danach folge die Suite e-moll op. 16 in der Krisenzeit ab 1894. Im Adagio werden die Choräle "Aus tiefer Not schrei ich zu Dir" und "Wenn ich einmal soll scheiden" als Zitate eingesetzt. Diese Orgelsuite schickte Reger im April 1896 an Johannes Brahms - direkter Kontakt.

Zitat: Am 4. März 1897 hatte der mit Reger gleichaltrige Karl Straube in der Berliner Dreifaltigkeitskirche die Orgelsuite op. 16 zur Uraufführung gebracht. Auf das im Vorjahr im Druck erschienene Werk dürfte er durch seinen Lehrer Heinrich Reimann aufmerksam gemacht worden sein. Reger schrieb über dieses Konzert an Lindner am 11. April 1897: Daß sich die Berliner Presse anläßlich der Aufführung meiner Suite so ganz und gar von ihrer bekannten Seite gezeigt hat, ist ja für mich ganz wurscht. Auf die Urteile dieser Herren kommt im Grunde gar nichts darauf an; ich habe aber Kritiken hier, auf Grund deren man eigentlich gerichtlich vorgehen könnte; denn selbst vor den gemeinsten Schmähungen sind die Herren nicht zurückgeschreckt. Einer schreibt, ich wäre der Socialdemokrat unter den jetzigen Komponisten; denn was ich wollte, wäre nur der Umsturz aller musikalischen Verhältnisse. Gott behüte uns -, so schließt er, - daß diese extrem rote Richtung jemals zu Worte kommt. Wie unendlich komisch und zu gleicher Zeit auch traurig solche unglaublich dumme Ergüsse stimmen müssen, kannst Dir wohl denken. Ich der glühendste Verehrer J. S. Bach's und Brahms sollte also den Umsturz predigen! Was ich will, ist jedoch nur eine Weiterbildung dieses Styls! Und da kommt dann so ein Kerl und unterschiebt einem solche Motive. Es ist zum Kranklachen!

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Bei Konzerten Straubes im April 1898 i. d. Frankfurter Paulskirche, die Teile der Orgelsuite enthielten, lernten Reger und Straube sich kennen. Erstes Werk in Weiden: Fantasie über den Choral "Ein" feste Burg ist unser Gott' op. 27 a, eines seiner erfolgreichsten Werke. Straube glaubte an Regers Berufung zum Komponisten – brachte fast jedes neu entstehende Orgelwerk aus Manuskripten zur Uraufführung. Für die Drucklegung schrieb Reger bis zu den Choralfantasien op. 52 ein zweites Manuskript. Die erste Fassung, aus der Straube spielte diente den Freunden als Diskussionsgrundlage. Die Ergebnisse derartiger Diskussionen flossen oft in die Druckvorlage mit ein - Unspielbarkeit wiederlegt!

Mitte Juni 1898, unmittelbar nach seiner Rückkehr nach Weiden, begann Reger zu komponieren. In den drei folgenden, abseits jeder musikalischen Anregung verbrachten Jahren gelang es ihm sich durch eine schier unvorstellbare Kompositionswut quasi selbst aus dem Sumpf zu ziehen, seine Schulden zurückzuzahlen und soviel auch finanziellen Boden unter die Füße zu bekommen, daß er, als er am 1. September 1901 mit seiner Familie nach München zog, getrost in die Zukunft blicken konnte. Richard Strauss hatte ihm in der Zwischenzeit einen neuen Verleger verschafft, den Verlag Jos. Aibl in München, der alle seine neuen Werke übernahm. In diesem Aufstieg aus Nacht zum Licht spielte Karl Straube eine ganz entscheidende Rolle.

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Schon bald aber neben Straube auch andere Organisten - Karl Beringer (Ulm), Otto Burkert, Hermann Dettmer (Hannover), und andere.

Zitat: Auch das Ausland nahm Reger erstaunlich früh wahr. So trat man in der Vorbereitungsphase der Weltausstellung von 1900 aus Paris an ihn mit der Bitte um einen Beitrag für das Goldene Buch für Kunst und Wissenschaft heran. Immerhin sollten in dieser Begleitpublikation Beiträge der damals lebenden bedeutenden Künstler und Gelehrten der Welt versammelt werden. Und in einer Postkarte an Lindner vom 11. September 1901 schreib Reger: Denke dir, Guilmant schrieb mit großen Schreibebrief in dem er mit mitteilte, daß er meine Orgelsachen im Conservatorium in Paris eingeführt hätte! Auch noch in einer anderen Schule für Kirchenmusik hat er 's eingeführt! Es ist doch schön - in Bayern!!!

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Nach op. 27a folgte in Weiden Choralfantasien über "Freu Dich sehr, o meine Seele" (Hinfälligkeit d. menschlichen Daseins dargestellt) - als op. 27b geplant - zwei Verlage, daher op. 30.

Zitat: Noch am 1. November 1902 mußte er aus München an Theodor Kroyer folgendes berichten: Aber nun eine unglaubliche Thatsache: In der Haidhausender katholischen Johanniskirche hab ich per Gelegenheit 2 --3 x beim Kindergottesdienst (Sonntag vormittags) die Orgel gespielt, nachdem ich seit 12 Jahren keine Orgel mehr gespielt habe! Nun ist mir bedeutet worden, ich dürfte nicht mehr spielen, da dadurch, daß ich spielte, die Leute zu sehr in ihrer Andacht gestört würden: kein Mensch könnte mehr beten! - Famos! Wie entscheidend für reger der aus der Lisztschen Tradition stammende Asprkt der Virtuosität und des subjektiven Ausdruckswillens war, der ih notwendig in die Arme der evangelisch-lutherischen Kirche treiben mußte, war ihm selbst genau bewußt: Ich verlange eben einen technisch ausgezeichneten Orgelspieler einen geistvollen Interpreten und eine sehr große, moderne Orgel! (3 Manuale) [...] Ich behandle eben die Orgel durchaus als Konzertinstrument! Mit dem "Kirchlichen" hat 's seine Sachen. Der katholische Organist hat nie Gelegenheit etwas zu spielen; der katholische Organist kann auch gewöhnlich nichts! man bezahlt auch in Deutschland die katholischen Organisten sehr schlecht; die Protestanten lassen sich ihre Organisten etwas kosten; da haben wir einige famose Virtuosen! Deshalb auch meine Phantasien über protestantische Choräle, was mir natürlich religiöse Beschränktheit gewaltig in Übel [genommen] hat! Als ob es in der Religion eine Kunst gibt! [...] Pardon, gerade verschrieb ich mich: ich wollte schreiben, als wenn es in Kunst eine Religion gibt! Auch musikalisch überschritt Regen in den Orgelwerken Grenzen: indem er höchsten, an Bach orientierten Stilanspruch in der herrschenden Hierarchie nach unbedeutenden Gattung kundtat, indem er programmusikalsche Elemente in die sogenannte absolute Musik einführte und indem er barocke Formmodelle und polyphone Kompositionstechniken mit auf Wagner aufbauender, bis zum Äußersten erweiterter Harmonik und sinfonisch-orchestraler Klangvorstellung verschmolz.

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Phantasie und Fuge in c-moll op. 29 wurde ebenfalls in Weiden komponiert. Anfang 1899 folgte die "Orgelsonate in fis-moll op. 33". Reger erkannte, daß die eigentliche Sonatenform für die Orgel nicht angewandt werden durfte.

1899 Choralphantasien op. 40 "Wie schön leucht" uns der Morgenstern" - von Riemanns Orgelphantasie op. 25 inspiriert, und "Straf mich nicht in deinem Zorn"

Phantasie und Fuge über B-A-C-H op. 46 - gewaltigste Huldigung an Joh. Seb. Bach

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"Kurz nach der Fertigstellung dieses beeindruckenden opus schritt Reger zur Konzeption dreier nicht minder bedeutsamer in sich abgeschlossener aber völlig unterschiedlicher Orgelwerke, der Phantasien op. 52 über die Choräle "Alle Menschen müssen sterben"; "Wachet auf, ruft uns die Stimme"; "Hallelujah! Gott zu loben". Ihnen folgte unmittelbar die Sinfonische Phantasie und Fuge, Werk 57. Hiermit schließt sich die Reihe der grundlegenden Eingebungen für Orgel ab; spätere Jahre bringen die großzügigen Opera 73, Variation und Fuge fis-moll über ein Originalthema (1904), 127, Introduktion, Passacaglia und Fuge (1913) und 135b, Phantasie und Fuge d-moll (1915); formal wie inhaltlich wird die Linie des Jahres 1901 nirgends überschritten, ja das letzte Werk bleibt erheblich hinter ihr zurück. Sämtliche andere werke sind kleinere Stücke, die aber trotzdem teilweise eine Fülle bedeutsamer und wegen der Leichtigkeit ihrer Wiedergabe für die Reger-Pflege besonders zu beachtender Gedanken enthalten." (Guido Bagier, Max Reger)

¹Brief Regers an Otto Leßmann, Weiden, 14.1.1901 Original im MRI